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Polizei.Staat.Rassismus

ZAG

Die Polizei hat die Aufgabe, das demokratisch legitimierte Gewaltmonopol durchzusetzen. Die Polizei darf als einzige Kraft im Staate Gewalt ausüben. Wegen der Legitimation sollte sie dabei bestimmte Regeln einhalten. In Deutschland kontrolliert sie die Einhaltung dieser Regeln im Wesentlichen selbst. Es gibt keine unabhängige Kontrolle, und die Justiz ist nicht besonders interessiert daran, die Polizei ›bei der Arbeit zu behindern‹. Polizeigewalt ist ein weißer Schimmel.
Der Staat ist nationalstaatlich verfasst. Er lebt von der Fiktion, dass in seinem Staatsgebiet eine Gruppe zusammenlebt, die durch gemeinsame Riten, Sprache, Kultur und gemeinsame Interessen verbunden sei. Das klingt friedlich, verkennt aber, dass die Idee der Nation in der allgemeinen Mobilmachung wurzelt. Napoleons nationalistische Mobilisierung der Massen im Militär wurde durch seine kriegerischen Erfolge zum Vorbild in Europa. Damit hat die Nation zwei Aufgaben: Sie homogenisiert die Bevölkerung durch Nationalstolz nach innen und mobilisiert sie gegen ein beliebiges Außen. Der Nationalstaat ist also immer schon rassistisch und fördert Rassismus, indem er zwischen den eigenen Bürgern und »den anderen« unterscheidet und letztere abwertet. Mit der Globalisierung der Wirtschaft und der Arbeitskräfte hat sich das nationalistische Moment etwas abgeschwächt, während der Unterschied zwischen Arm und Reich ebenso wie der zwischen qualifizierter Arbeitskraft und Wirtschaftsflüchtling erhalten bleibt. Jetzt sind es nicht mehr die Deutschen, sondern die Europäischen Grenzen, an denen abgewiesen wird. Wer durchkommt, findet sich in Deutschland im Quasi-Knast der Lager wieder. Wenn diese dann nicht angezündet werden oder es zu Misshandlungen der Bewohner kommt, dann leben die Menschen in ihrem für sie festgelegten Bereich, ihrer Rechte und Würde enthoben.

Der Rassismus wirkt innerhalb der Institutionen Staat und Polizei wie auch durch sie. Staat und Polizei repräsentieren Herrschaft und üben Gewalt aus. Rassismus ist nicht nur Teil des repressiven Apparats, sondern auch ganz verschiedener Teile der Gesellschaft: Arbeitgeber*innen und Kirchenvertreter*innen, Journalist*innen und Professor*innen, Parlamentarier*innen und Angestellte im öffentlichen Dienst.
Die schlampigen Ermittlungen im Falle der NSU-Morde sprechen eindeutig für rassistische Vorannahmen. Die Opfer werden zu Tätern, Bandenmilieu mit ausländischem Hintergrund wird in den Vordergrund gerückt und trotz gegenteiliger Faktenlage, wie im Fall der Tötung der Polizistin Kiesewetter, weiterverfolgt. Racial Profiling ist ein weiteres Feld, in dem die Polizei, insbesondere die Bundespolizei, nicht gut da steht. Allgemeine Hinweise auf zu überprüfende Menschengruppen bestimmten Alters, Aussehens oder Geschlechts in Zügen, an Bahnhöfen oder an besonderen Orten führen zu Kontrollen, die nicht nur von den Betroffenen als rassistisch empfunden werden, sondern in den Anweisungen an die Polizist*innen im Einsatz bereits rassistische Vorannahmen enthalten. Diese implizite Annahme einer ausgeweiteten Gefahr trifft potentiell alle, aber nicht immer mit rassistischen Implikationen. So werden durch die Polizei an sogenannten gefährlichen Orten verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt oder dort die Grundrechte gleich außer Kraft gesetzt, wie es in halb St. Pauli geschah. Eine weitere Gefährdung entsteht durch die Ausrüstung der Bereitschaftspolizei mit Körperpanzern, Pfefferspray und Wasserwerfern. Im Vergleich zu den USA, wo die Polizei sich in den Kommunen günstig mit ausrangiertem Militärgerät aufrüsten konnte, erscheint Deutschland harmlos. Der Weg aber ist klar, der Durchsetzung der Vorstellung eines staatlichen Gewaltmonopols soll nichts im Wege stehen. Dazu ist auch die Ausweitung des Bedrohungsszenarios unabhängig von der Faktenlage geeignet, um präventiv einzugreifen und Gewalt unabhängig vom Einzelfall zu legitimieren. Dabei wird zwischen Gut und Böse unterschieden, gute und böse Gewalt, gute und böse Menschen. Rassismus ist das Ergebnis einer Praxis, die selbst nicht unbedingt rassistisch ist.
Das Handeln der Menschen wird nicht vollständig durch die sozialen Verhältnisse bestimmt. So hört man immer wieder von der Staatsanwältin, die im Sinne der Beklagten handelt, oder vom Polizisten, der Fünfe gerade sein lässt. Und Widerstand ist machbar. So etwas bleibt aber die Ausnahme, da die Strukturen und Institutionen, Anweisungen und Gesetze die allgemeine Richtung vorgeben. Gesetze und Normen sind selbstverständlich nicht starr, werden interpretiert und müssen in Handlungen und Urteile übersetzt werden. Daher kann es vor Gericht auch Erfolge für Underdogs geben. Das Ziel aber muss sein, die Verhältnisse und Bedingungen, in und unter denen wir handeln und leben, zu ändern.

Rassismus ist nicht nur ein stabilisierender Faktor in der Gleichung der Herrschaft. Rassismus kennt keine Grenzen. Wer von uns davon betroffen sein wird, hängt nicht von Merkmalen der Betroffenen ab, sondern entsteht in den Köpfen der Rassist*innen. Wir können uns noch sooft auf Humanismus und Gleichheit berufen. Sobald der Staat bestimmt, wer gleich und Mensch ist, haben wir ein Problem.

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