Das Mittelmeer bleibt auch 2014 ein Massengrab für Flüchtlinge und MigrantInnen. In den ersten neun Monaten des Jahres 2014 hat es mehr als 3.000 registrierte Tote gegeben, nirgendwo sonst auf der Welt sind in den letzten Jahren so viele Menschen auf der Flucht ums Leben gekommen.
Dennoch entschieden die verantwortlichen EU Gremien am 27.08.14, die italienische Seenotrettung „Mare Nostrum“ zurückzufahren und schrittweise durch eine „Frontex“ Abschottungsmission in EU-Küstengewässern zu ersetzen. Damit ist vorgezeichnet, dass das Massensterben im Mittelmeer noch größere Dimensionen annehmen wird.
Ein transnationales Netzwerk von MenschenrechtsaktivistInnen will diese Situation nicht länger tatenlos hinnehmen.
Aus Tunis und Palermo, aus Strasbourg, Wien, Berlin und weiteren Städten testen etwa 50 Aktive seit Ende September ein gemeinsames Notruftelefon für Boat-People im Mittelmeer. Es ist rund um die Uhr besetzt, mit einem multilingualen Team in Bereitschaft. Das Notruftelefon wird Anrufe von den Migrationsrouten im zentralen Mittelmeer, in der Ägäis sowie zwischen Marokko und Spanien entgegennehmen.
Das Projekt kann keine eigenen Rettungsaktionen ausführen, aber es wird Alarm schlagen, wenn solche Operationen verzögert oder gar verweigert werden.
Am 10. Oktober wurde die Nummer freigeschaltet und in wichtigen Transitländern Nordafrikas sowie in der Türkei bei MigrantInnen und Flüchtlingen bekannt gemacht.
„Wir verstehen uns als Pilotprojekt, und nach einer Anfangsphase werden wir unsere Erfahrungen auswerten und entscheiden, was wir verbessern können, um gegen Menschenrechtsverletzungen auf See einzuschreiten.“ Das formuliert Karim S., ein syrischer Flüchtling, der 2013 auf seiner Flucht selbst eine illegale Rückschiebung in der Ägäis erleben musste und sich heute von Hamburg aus am Notruftelefon beteiligt.
Das Notruftelefon wird von Organisationen auf beiden Seiten des Mittelmeeres unterstützt.
„Wir sind überzeugt, dass das tödliche Grenzregime gestoppt werden muss“, beschreibt die Aktivistin Lisa B. die Zielsetzung des Netzwerkes. „Doch solange es existiert, muss zumindest unter Einsatz aller Mittel gerettet werden. Wenn wir mitbekommen, dass diese Hilfeleistung unterbleibt, werden wir versuchen, sofortigen öffentlichen Druck zu entfalten.“
Unterschrieben haben den Aufruf Prominente wie der französische Philosoph Étienne Balibar oder die Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, aber auch ein Überlebender der Bootstragödie vom 11.10.2013 und Selbstorganisationen von MigrantInnen sowie Angehörige von Verschwundenen aus Marokko, Tunesien und Griechenland.
Den Aufruf zum „Watch The Med Alarm Phone“ in sieben Sprachen, alle UnterzeichnerInnen sowie aktuelle Informationen und Berichte finden Sie auf folgender Website:
http://www.watchthemed.net/index.php/page/index/12
Watch The Med / Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e.V.
Gneisenaustr. 2a
10961 Berlin
+49-(0)176-358776