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Editorial

Die ZAG ist verwirrt. Erinnert an ihre Anfänge. Damals. Als der gerade eben erst wiedervereinte Rassismus falschen Verhältnissen neue Dynamik verlieh, Deutschsein wieder Mehrheitsfähigkeit erlangte, unter Ausschluss und Schlussstrich, als Weg in die Freiheit gemeinsamer Restauration. Gegen diese Art bürgerlicher Stabilitätspakt wurden die ersten Ausgaben der ZAG zusammengeheftet – als Sprachrohr dreier Antirassistischer Notruftelefone. Für  Menschen, die deutsche Freiheiten brutal zu spüren bekamen, ihr Leben an diesen unwiederbringlich zu verlieren drohten.

Die Wucht, mit der alte Bürgerlichkeit über ausgegrabene Schläuche gegossen wurde, mit der der Mob sich fand, wenn sich Polizist_innen sich zu verlieren erdreisteten und Parlamentarier_innen es an nationalem Tempo fehlen ließen, überraschte und überforderte viele, die historisch nichts Gutes ahnten, wenn Deutsche mit Deutschen meinen sich zu vereinen.

In diesen Anfängen war »die« ZAG noch »das« ZAG. Es kämpfte nach seinen Möglichkeiten als antirassistisches Zeitungsprojekt gegen den Rassismus in den Köpfen der politischen und sozialen Mehrheit einer Gesellschaft, die sich demokratisch schimpfte. Es kämpfte auch ums eigene Bestehen als egalitäres Projekt in dem jede_r alles machen kann, Hauptsache er_sie verliert den Fokus nicht auf das, was Gesellschaft als geschlossene Gemeinschaft zusammenhält: Rassismus.

Die Zeiten haben sich geändert. Das ZAG konnte sich dem Trend zum Identitären nicht entziehen. Dem Bemessen von Positionierungen an dem_der, der_die sie vertritt. Das ZAG hat sich hingegen selbst einer Personifizierung unterzogen, durch die hindurch nun sie seit Jahren bevorzugt Editorials unterschreibt und als »Eure ZAG« eine Leserschaft grüßt, deren Anfänge sie kennt. Und da trifft es sie kalt und hausgemacht, mit der eigenen Ausgabe zu »Critical Whiteness« auf einem ihr bisher unbekannten Terrain essentialistischen Denkens: Kann sie antirassistisch »sein«?

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