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Editorial

Sport frei! Der olympische Geist hatte Europa fest im Griff. Unser Otto, der Schily, war wie immer vorne weg und machte sich Gedanken über die künftigen sportlichen Höhepunkte. Die deutschen Kerndisziplinen wie Dressur, Schießen (Liegend, 50 Meter, KK) oder Military (umbenannt in Vielseitigkeitsprüfung) dürften absehbar nicht gefährdet sein, aber der Medaillenspiegel der Hungerleider gab Anlass zur Sorge. So ist es verständlich, dass die doch recht darwinistisch gestalteten Trainings- und Ausleseverfahren, die der Netto-Hauptzahler der EU unter großem Aufwand dem ärmeren Rest der Welt gratis zur Verfügung stellte, wie Hochsee­wettpaddeln, Grenzzaun­hochsprung, Fluss­durchquerungs­lagenschwimmen und Verfolgungs­sprint, nun etwas anders gestaltet werden müssten. Neueste Trainingslager sollen außerhalb der EU-Grenzen eingerichtet werden, um die Früherfassung der Talente sicherzustellen. Dort kann dann sorgfältig die Spreu vom Weizen getrennt werden, das ist humaner und begeistert selbst Leute wie Barbara John, die frühere Ausländer­beauftragte Berlins. Das ist praktizierte Entwicklungshilfe.

Die diesem Ressort zugehörige Ministerin Heidemarie darf sich dann auch gleich noch bei den übriggebliebenen Negern in Deutsch-Südwest entschuldigen. Das kommt deutlich billiger als noch eine Entschädigungszahlung im desolaten Haushaltsbudget wegen diplomatischer Anerkennung so alter Kamellen.

Denn zu verschenken haben wir schon lange nichts mehr. Diese Notwendigkeit vor dem Hintergrund sensationeller Unternehmens­gewinne haben wohl noch nicht alle richtig verstanden und verplempern ihre wertvolle Zeit mit urdeutschen Feststellungen auf Montags­spaziergängen. Diese wird seit neuerem durch die revolutionäre Forderung „Arbeit für alle“ in bestem protestantischen Ethos ergänzt. Hier verweist die Redaktion lieber schüchtern auf Lafargue. Aber mit Hilfe des fulminanten 1-Euro-Jobwunders wird auch den letzten Unaufgeklärten der Wert ihrer Zeit bewusst werden und sie werden dankbar in ihrer 50-Stunden-Woche die Miete bestreiten. Diesem reinen Erklärungsdefizit wird sich unsere Regierung voller Inbrunst widmen, ist doch die zentrale Haarfrage des Kanzlers längst der Haartransplantationsfrage Berlusconis gewichen und auch die Irakthematik bedarf keiner deutschen Beiträge, Freund Bush ist schon genug am Rudern – nichts nötig.

Und – Ende gut alles gut: Seufzer der Erleichterung durchzog die Redaktionshallen. Der größte Brückenmacher (Pontifex Maximus), vulgär als Papst bezeichnet und seit je ein zuverlässig leuchtender Silberstreif der Erkenntnis für uns, sorgte für Klarheit und Wahrheit in einem ewig schwelenden Hort des Streites. Er beendete mit hehren Worten eine flammend geführte redaktionelle Diskussion: Feminismus birgt Hass und Krieg zwischen den Geschlechtern. Dem bleibt uns nichts hinzuzufügen! Diese Schlangengrube werden wir fürderhin gemeinsam mit unserem neuen Partner im Ringen um eine friedvolle Welt bekämpfen – der traditionell liebevollen katholischen Kirche. Diese bis heute von bösartigen Irrgeleiteten verkannte Institution, die kompromisslos und konsequent die Wahrung des Weltfriedens durch Segnung jeder christlichen Kanone vorantrieb, widmet sich endlich den Anforderungen unserer Zeit. Wir harren des Einsatzes der in solchen Fragen bestens bewährten Inquisition.

Nun, Brüder und Schwestern, gehet hin in Frieden.
Eure ZAG

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